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Aus: Die Fliegen des Beelzebub (Jugendliteratur) 4. Hast du noch nie gependelt? … Während Beate in der Küche den Tee zubereitete, sah ich mich in ihrem Zimmer um. Von den Möbeln her hätte es ein ganz normales Mädchenzimmer sein können. Nur dass sie eben alle schwarz waren. Ich fragte mich, was meine Eltern sagen würden, wenn ich meine Fenster schwarz anstriche … Auf dem Tisch lagen allerhand eigenartige Sachen herum: ein schwarz eingebundenes Buch mit Goldschnitt, verschiedene bunte Steine, Räucherstäbchen, Spielkarten, ein Tierschädel, der von einer Katze stammen mochte, und ein goldglänzender Gegenstand an einem dünnen Goldkettchen. Ich war beeindruckt. „Was ist denn das?” fragte ich Beate, als sie mit Teekanne und Tassen auf einem Tablett wieder im Zimmer erschien. Ich deutete auf das goldene Teil an dem Kettchen. „Ein Anhänger?” Beate lachte, und bei mir gingen alle Lichter an. „Das ist ein Pendel", sagte sie. „Hast du noch nie gependelt?” „Klar. Von auswärts zur Schule und zurück.” „Haha.” Beate grinste ironisch und goss mir Tee ein. Ein Duft von Himbeer und Vanille stieg von meiner Tasse auf. „Mit Pendeln kannst du die Geister befragen. Wenn du 'ne Frage hast, dann musst du dich ganz stark darauf konzentrieren.” „Echt?” Ich sah erst Beate an und dann das goldene Teil auf dem Tisch. Es sah aus wie eine angespitzte Pistolenkugel. Beate nahm die Kette auf und ließ das Pendel in der Luft schaukeln. „Du musst deinen Ellenbogen aufstützen und die Kette zwischen Daumen und Zeigefinger halten. Und dann musst du dich auf deine Frage konzentrieren. Versuch mal …” Ich nahm die dünne Goldkette zwischen Daumen und Zeigefinger. „So und jetzt machst du gar nichts und konzentrierst dich nur auf deine Frage. Hin und her heißt nein, kreisen heißt ja.” Ich saß da mit diesem komischen Teil in der Hand und wusste nicht, was ich von der Sache halten sollte. An Beates Gesicht war nicht abzulesen, ob sie es ernst meinte oder nicht. „Du brauchst gar nichts zu machen. Einfach abwarten …” „Ohne äußere physikalische Einwirkung tut sich da überhaupt nichts!” Beate lachte nur. Das Pendel hing, von der Erdanziehungskraft nach unten gezogen, ohne jede Bewegung an der Kette. Wir saßen am helllichten Tag in einem dunklen Raum ganz nah beieinander. Es war schön. Ich sah Beate ins Gesicht, sah ihre blauen Augen mit den langen Wimpern, sah das leicht spöttische Lächeln in ihren Mundwinkeln und hatte nur noch eine einzige Frage im Kopf … Ich machte nichts und konzentrierte mich. Ohne Resultat. Das Pendel zeigte direkt auf den Mittelpunkt der Erde und rührte sich nicht. „Du musst dich auf die Frage konzentrieren”, flüsterte Beate. Ihre Stimme war ganz nah an meinem Ohr. Ich spürte den Hauch ihres Atems, und ein Schauer lief mir über den Rücken. Ich konzentrierte mich auf das Pendel und die Frage … Und dann, ich glaubte meinen Augen nicht zu trauen, fing das Pendel langsam an zu schwingen. |
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